In Croce

Das Programm von „In Croce“ ist kein „Memento mori“. Es soll nicht daran erinnert werden, dass alles Leben endlich ist, dass der Tod untrennbar zu unserem Dasein gehört, schon weil er diesem eine sinnhafte Begrenzung bereitet. Vielmehr können die hier vereinigten, in Verbindung mit dem Kreuzzeichen geschaffenen Kompositionen aus dem 20. bis 21. Jahrhundert an etwas erinnern, was heutigen Menschen zunehmend abhanden zu kommen droht: Transzendenz, die bewusste Wahrnehmung von „Oben“ und „Unten“ oder vielleicht nur das Erahnen, selbst im „grauen“ Alltag von Göttlichkeit umgeben zu sein. Dabei bleibt es Klängen und ihren Bedeutungsinhalten vorbehalten, eine Art spirituellen Brückenkopf zu bilden…
Stets haben sich Künstler darüber Gedanken gemacht, wie sie eher abstrakte Gedankengänge ihren Mitmenschen „emotional übersetzen“, sie ihnen begreiflich machen können. Zu den zeitgenössischen Komponisten, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben, zählt zum Beispiel der Norweger Knut Nystedt. Sein „Stabat Mater“ op. 111 ist einerseits inspiriert von alter Kirchenmusik wie dem Gregorianischen Choral, andererseits lebt es ganz aus dem Dialog zwischen Solist und gemischtem Chor. Der Welt mit einem „Abschied“ betitelten Werk für Solo-Violoncello, Lebewohl zu sagen, blieb dem am 9. August 2002 verstorbenen Komponisten Berthold Hummel vorbehalten. Für Julius Berger, der schon für die Berliner Uraufführung am 9. September 2002 verantwortlich zeichnete, bedeutet es ein „Hineinhören in letzte Gedankengänge eines Menschen“. Dass der Prozess der künstlerischen Selbstfindung, ein lebenslanger sein kann, davon zeugt das Schaffen des aus Estland stammenden Komponisten Arvo Pärt. Melodische und rhythmische Modelle aus der die Sphärenklänge des hier eingespielten „Nunc Dimittis“ für gemischten Chor stammen, erinnern auch an die in der Wiener Klassik übliche Polyphonie. Werke, wie die der in den 1930er Jahren in der UDSSR geborenen Komponistin Sofia Gubaidulina, von Samuel Barber, mit dem von ihm für Singstimmen bearbeiteten „Adagio for Strings“, Gija Kantscheli, mit dem fast zehnminütigen, für Mstislaw Rostropowitsch geschaffenen Cello-Solo „Nach dem Weinen“ und John Taveners „Svyati“ für gemischten Chor und Violoncello, das er 1995 komponierte, beschließen dieses eindruckvolle Album.

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