Bach/Cage: Choräle

Johann Sebastian Bach: 6 Cello-Suiten; John Cage: 3 Bach-Choräle; Immanuel Jun Berger, hohe Stimme, Julius Berger, Cello; 3 CDs Solo Musica SM270; Aufnahme 2016, Veröffentlichung 09/2017 (166′) – Rezension von Alain Steffen

Diese Aufnahme der Sechs Cello-Suiten von J.S. Bach mit Julius Berger gehört zum Besten, was ich den letzten Jahren von diesem einmaligen Werk gehört habe. Dank der exzellenten Tontechnik (Bernard Hanke) erlebt man das Cello, ein fünfsaitiges Instrument von Jan Pieter Rombouts (1667-1740) quasi in einem 3D-Klang. Man erlebt somit hautnah mit, wie sich der Klang in diesem herrlichen Instrument entwickelt und sich zu Musik formt. Dabei spielt der religiöse Gedanke eine sehr wichtige Rolle für den Interpreten: « Der Aspekt des Glaubens ist in die Werke Bachs eingewoben..“.

Für Berger stellen die Sechs Suiten Mysterien dar. « Diese Musik lässt einen nicht los. In jeder Lebenslage spricht, tröstet, segnet, bestärkt, verlebendigt sie.“ Ausgehend von diesen Ideen gelingt Julius Berger eine wunderschöne und immer wieder sehr intensive und ehrliche Interpretation der Cello-Suiten. Spieltechnisch und gestalterisch  ist Berger vielen seiner prominenten Kollegen voraus. So darf man diese einmalige Interpretation getrost und ohne Bedenken neben die legendären Einspielungen von Casals und Tortelier stellen. Bergers Bach ist ab heute eine absolute Referenz und besitzt alles, was eine zeitlos gültige Interpretation ausmacht.

Drei Bach-Choräle von John Cage, gesungen von Immanuel Jun Berger, dem zur Zeit der Aufnahme dreizehnjährigen Sohn des Cellisten, sind jeweils den Suiten Nr.1, 3 & 5 vorangestellt. Alles in allem eine in Sachen Bach-Rezeption sehr wichtige, spieltechnisch herausragende und interpretatorisch außergewöhnliche Interpretation in  tollem Sound. Unbedingt empfehlenswert!

Technically flawless, intensive performances of immaculate beauty, superbly captured by the microphones.

 

Vielleicht ist es die reinste Musik, die Suiten für Violoncello von J.S. Bach, eine Musik, die keiner Erklärung bedarf. Ich bin der Überzeugung, dass Bach mit den Suiten uns eines seiner großartigsten Bekenntnisse hinterlassen hat, einen „Gradus ad Parnassum“, der in sechs Stufen eine geistige und technische Herausforderung durchmisst, die einzigartig in der Geschichte der Musik ist und bleibt. Prof. P. Langgartner (Mozarteum/Salzburg) hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass sich im Prélude der ersten Suite der Luther Choral Vom Himmel hoch, da komm ich her verbirgt. Ich hatte schon immer vermutet, dass in den Cellosuiten Choräle und Glaubensbotschaften eingewoben sind. Deshalb habe ich mich entschlossen, auf musikalische Art und Weise eine spirituelle Tür zu öffnen und den Suiten im Spiegel der Klänge aus dem Werk „One 8“ von John Cage Choräle hinzugefügt, die nach meiner Überzeugung mit den Suiten korrespondieren. Meine Erfahrung mit der Musik von Cage ist eine ähnliche wie der mit Bach. Seine Musik schafft innere Sammlung, Stille. Cage sagt, Musik hätte den Zweck „den Geist zu reinigen und zur Ruhe zu bringen, um ihn für göttliche Einflüsse empfänglich zu machen.“

~ Julius Berger

Share